Musik von den Elbinseln

Statement des Elbinsel Kulturlabors im Kulturausschuss 02/2023

Sehr geehrte Frau Dr. Oldenburg, sehr geehrter Herr Hackbusch, sehr geehrte Mitglieder:innen des Kultur- und Medienausschusses, sehr geehrte interessierte Anwesende,

 

Ich bin Felix Striegler von der Initiative Elbinsel Kulturlabor aus Wilhelmsburg. Die Initiative “Elbinsel Kulturlabor” leitet in dieser vielfältigen und geballten Vortragsreihe den Schwerpunkt Wilhelmsburg ein. In meinem und den folgenden Beiträgen wird es um den Bedarf an Raum im besonderen Kontext des Stadtteils Wilhelmsburg gehen.

 

Wilhelmsburg also … “nicht schon wieder” werden nicht wenige meinen. Wilhelmsburg hat zusammen mit der Veddel knapp 57.000 Einwohner:innen und ist damit in Hamburg-Mitte der zweitgrößte Stadtteil nach Billstedt. Hamburg hat große Pläne für Wilhelmsburg und die angrenzenden Gebiete. Auch im Stadtteil direkt werden unter der Planung der IBA in den nächsten 10 Jahren ganze Stadtviertel gebaut: Geplant sind knapp 5800 Wohn-Einheiten, das entspricht einem Zuzug von knapp 12.000 Einwohnern. Zusammen mit weiteren Bauvorhaben wird Wilhelmsburg in 10 Jahren mit ca. 72.000 Einwohner:innen dann der größte Stadtteil von Hamburg-Mitte sein und gleichauf mit Städten wie Lüneburg, Marburg und Bayreuth.

 

Aber Wilhelmsburg ist nicht nur groß, Wilhelmsburg ist (offiziell) Stadtmitte, Problemkind, Schmelztiegel und vor allem ist es Mythos eines kulturellen Hotspots: Sie kennen sicher die berühmte Soulkitchen-Halle, das überregional bekannte Dockville Festival und 48 Stunden Wilhelmsburg. Warum dann Mythos?

 

Vor circa 10 Jahren gab es auf den Elbinseln ungefähr 12 Veranstaltungsorte und die Möglichkeiten auf einigen Flächen im Hafengebiet zu veranstalten. Den überwiegenden Teil der beschriebenen Orte auf hamburg.de/sehenswertes-wilhelmsburg/ gibt es nicht mehr oder ist vom Abriss bedroht. Stellen Sie sich bitte Lüneburg ohne Veranstaltungsort, Marburg ohne Kino, Bayreuth ohne Bühne vor: In Wilhelmsburg ist das Realität. 2023 gibt es nur noch die Honigfabrik und das Bürgerhaus, die über ganzjährig bespielbare Räume verfügen. Das Bürgerhaus und die Honigfabrik leisten hervorragende Arbeit und bereiten Wege; deren Angebot richtet sich aber überwiegend an Kinder, Jugendliche und Senioren.

 

Auf www.hamburg.de heißt es: „Wilhelmsburg ist ein junger Stadtteil. Ein Viertel der Bewohner ist unter 25 Jahre alt. Seit 2007 werden günstige, kleine Wohnungen an junge Studierende vermietet. Außerdem wird weiter in Kitas, Schulen und Sportzentren investiert, um vornehmlich junge Familien in den Stadtteil zu locken.“

 

Wilhelmsburg braucht einen Raum mit einem kulturellen Angebot, das die jetzige und die zukünftige Bevölkerungsstruktur anspricht.

 

Nachdem im Frühjahr 2022 das Turtur als letzter Veranstaltungsort für Live-Musik und Clubkultur mit einer Zielgruppe zwischen 20 und 50 endgültig schloss, haben sich Wilhelmsburger:innen zur Initiative “Elbinsel Kulturlabor” zusammengefunden. Wir sind ein offenes Kollektiv, bestehend aus Kulturinteressierten und -schaffenden von und für die Elbinseln. Ziel unserer Initiative ist es, wieder einen Raum für (Live-) Kultur zu schaffen, der durch ein facettenreiches, partizipatives und niedrigschwelliges Programm bespielt wird und so Brücken baut und Begegnungen ermöglicht. Die Elbinseln und deren Bewohner:innen brauchen einen Ort, der vielfältig zu bespielen ist. Der Auftrittsmöglichkeiten für die lebendige -und vor allem vielfältige -Wilhelmsburger Musikszene bietet. Ein Raum für engagierte junge Menschen mit Proberäumen für Musik und Theater. Es braucht einbezahlbares Kino und nicht zuletzt Clubkultur.

 

Wilhelmsburg wird durch die geplanten Erweiterungen weiterwachsen. Aber nicht Stadtplanung und Wohnraum entscheiden über Lebensqualität und Attraktivität eines Stadtteils, sondern deren Bewohner:innen und ihre Zufriedenheit. Ein junger Stadtteil braucht Räume als Ort der Begegnung und zum Dialog: einen öffentlichen Raum, der die Vielfalt der Wilhelmsburger:innen widerspiegelt, der einen niedrigschwelligen Zugang zu Kunst, Kultur und Musik ermöglicht. Ein Raum, der die vorhandenen Potenziale nutzt, die Menschen, die hier leben, integriert, und den Standort Wilhelmsburg stärkt und kreativ bereichert.

 

Helfen Sie uns:
• Einen entsprechend nutzbaren Ort zu entwickeln und Räume zu eröffnen.
• Ermöglichen Sie Gespräche mit Entscheidungsträgern bei Liegenschaften und Verwaltungen entsprechender Objekte.
• Wir brauchen Verständnis für den Bedarf an Fläche und Mut bei Entscheidungen zum Kulturbetrieb.
• Helfen Sie uns, die Attraktivität von Wilhelmsburg zu steigern und Räume für die Bewohner:innender entstehenden Viertel zu etablieren.

 

Wir laden Sie herzlich ein, eine Ortsbegehung zu machen. Wir wollen mit Ihnen im Gespräch bleiben, Ihnen Wilhelmsburg und den Status Quo zeigen. Wo es hakt und was möglich wäre: Wir haben dieser Anhörung eine schriftliche Einladung für einen Spaziergang beigefügt; Machen Sie mit uns und den nun folgenden Wilhelmsburger Initiativen einen kleinen Spaziergang! Machen Sie sich direkt vor Ort ein Bild, über die zum Teil vor Wilhelmsburgs Haustür liegenden Optionen. Für die wir Sie gewinnen möchten.

 

Denn wir brauchen Ihre Unterstützung – wir brauchen Räume!

 

Mediale Berichterstattung zur öffentlichen Anhörung findet ihr in der ARD-Mediathek im Abendblatt und in der MOPO.